Ich bin Musiker und arbeite im Bischöflich Münsterschen Offizialat, der kirchlichen Verwaltungsbehörde für den niedersächsischen Teil des Bistums Münster, der sich vom Ort Damme im Süden über Oldenburg und Wilhelmshaven bis zur Insel Wangerooge in der Nordsee erstreckt. Dort betreue ich als Kirchenmusikdirektor in der Kirchenentwicklung den Fachbereich Musik.
Das Offizialat unterstützt die Pfarreien durch eine qualifizierte Orgelsachberatung, die ich als zertifizierter Orgelsachverständiger organisiere. Neben der Beratung streben mein Kollege Dr. Gabriel Isenberg und ich ein möglichst vollständiges Bild der Orgellandschaft des Offizialatsbezirks an, das wir – in digitaler Fortführung zu Fritz Schilds für den katholischen Bereich nur als Konzeption vorliegendem Orgelatlas – auf der Webseite „Orgeln im Oldenburger Land“ dokumentieren.
Ich habe Lehraufträge an der Universität Vechta und unterrichte an den dort zur Verfügung stehenden Orgeln in Musiksaal und Aula. Bisweilen trifft sich meine Orgelklasse auch in der Propsteikirche oder in der „Klosterkirche“ genannten Simultankirche am Franziskanerplatz in Vechta. Dort befindet sich eine Orgel des exzellenten Orgelbauers Gerald Woehl – genau wie in der Remigiuskirche in Viersen, in der ich zwanzig Jahre lang Kantor war. In der Uni findet auch der Gruppenunterricht der kirchenmusikalischen C-Ausbildung unter meiner Leitung statt. Dozentinnen und Dozenten hierbei sind die Dekanatskantorinnen und -kantoren aus den Pfarreien des Offizialatsbezirks.
Ich bin Teil der Liturgie- sowie der Kirchenmusikkommission des Bischofs von Münster, sitze im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft der Ämter und Referate für Kirchenmusik in Deutschland, bin Mitglied der Konferenz der LeiterInnen kirchenmusikalischer Ausbildungsstätten in Deutschland, der Vereinigung der Orgelsachverständigen in Deutschland (Beirat für die Ausbildung), der Gesellschaft der Orgelfreunde sowie der Gesellschaft für Musiktheorie. Ich engagiere mich nach wie vor für den Verein Kirchenmusik in St. Remigius Viersen e.V.
Thorsten Konigorski
Ein Nachruf auf Stephan Gedden
Erschüttert haben die Gruppen der Musica Sacra in Viersen mit Gregorio Allegris „Miserere“ Abschied von ihrem Präses Pastor Stephan Gedden genommen, der am Himmelfahrtstag 2011 im Alter von nur 49 Jahren vollkommen unerwartet verstarb.
In einer von Sparzwängen geprägten Zeit, in der die Kirchenmusik allenthalben wegen des vordergründig fehlenden Kosten/Nutzen-Bezugs unter Legitimationsdruck gerät, in der sie häufig – ihren vollen Wert missachtend – mit dem Hinweis auf die Konzentration auf das vermeintlich Wesentliche der Unterfinanzierung oder, schlimmer noch, der Gleichgültigkeit preisgegeben wird, erleben wir derzeit im ganzen Bistum eine Phase des kirchenmusikalischen Niedergangs. Diese Haltung jedoch war Stephan Gedden fremd. Betriebswirtschaftlich denkend, aber dabei das wirklich Wesentliche nie aus den Augen verlierend, erblickte er in der Musica sacra über das liturgische Geschehen hinaus weit mehr als einen bloß kulturellen Wert.
Die Kirchenmusik fand daher in ihm einen verlässlichen Fürsprecher und Förderer. Durch seinen mit bemerkenswerter Gelassenheit, Konstanz und Geradlinigkeit gewährten Schutz, schuf er ihr Raum und Gelegenheit, sich auch unter den skizzierten Bedingungen in vielfältiger Weise zu entfalten.
In seine Zeit als Pfarrer fällt die Vollendung der großen Woehlorgel (1996) sowie die Errichtung der Chororgel (2002) der Remigiuskirche. Eine Vielzahl denkwürdiger Aufführungen wurden durch seine Förderung möglich, exemplarisch für viele Großwerke seien hier das Mozart-Requiem, aufgeführt in der Liturgie, oder Bachs Matthäuspassion genannt.
Die Kantoren und Organisten der Remigiusgemeinde verlieren in ihm einen großartigen Dienstherrn, der geduldig und wohlwollend Kompetenz anerkannte und wertschätzte. Er nahm die ihm zukommende Führungsrolle jederzeit entscheidungsfreudig und konfliktbereit wahr, verstand diese aber nie als Einbahnstrasse.
Die Sängerinnen und Sänger trauern um einen Menschen und Christen, der mit ihnen und wie sie die ganze emotionale Fülle des Kirchenjahres erspürte und erlebte. Unvergessen ist seine wiederholt und zuletzt in diesem Jahr bei der karfreitäglichen Probe zur Osternachtsfeier (zu der er nicht selten auf eine Tasse Kaffee hinzukam) geäußerte Wertschätzung der Benedictus-Antiphon an Ostern: „Ohne diese Antiphon ist für mich kein Ostern.“ Subtil, minimalistisch, so, wie Stephan Gedden Liturgie feierte, vermittelt sie das Ostergeschehen:
Et valde mane una sabbatorum veniunt ad monumentum, orto iam sole. Alleluia.
Wie die ersten Zeugen der Auferstehung stehen heute wir am Grab und erwarten mit Stephan Gedden den Aufgang der Sonne. Er lebe in Christo!
11. Juni 2011